Eine römische Therme in Erding-Langengeisling?

Mitte April bis Mitte Mai führte PLANAteam Archäologie in der Kiesgrube Kaiser in Erding-Langengeisling Ausgrabungsarbeiten an einer villa rustica (Landgut) der römischen Kaiserzeit durch. Nachdem die Kiesgrube in den vergangenen Jahren – seit 2011 – sukzessive nach Osten erweitert wurde und dabei immer wieder Überreste prähistorischer Siedlungsstellen des 2. und 1. Jahrtausends v. Chr.  in Form von Erdbefunden erschlossen wurden, gelang damit erstmals seit langer Zeit der Nachweis antiker Steingebäude bzw. von deren Überresten im Stadtgebiet von Erding.

Nur punktuell konnte noch in situ befindliches Mauerfundament aus unbearbeiteten Tuffsteinen erkannt werden. In der Regel reichten die Strukturen nur noch 1-2 Dezimeter in den anstehenden Lehmboden. Verfüllt waren sie mit antikem Bauschutt, d. h. Kies, Ziegelfragmenten und Tuffsteinbrocken. Vom aufgehenden Mauerwerk erhielt sich bedauerlicherweise nichts. Beobachtungen an einigen der Mauergruben lassen darauf schließen, dass die Steine wohl antik für sekundäre Wiederverwendung dem sog. Steinraub zum Opfer fielen. Stein – insbesondere Tuff – findet man nicht natürlich im Erdinger Stadtgebiet. Vielmehr dürfte dieser als Baumaterial aus dem Alpenvorland herangebracht worden sein. Sowohl die Ziegelfragmente – u. a. sog. Tegulae, also Dachziegel – als auch die geborgene Keramik verweisen ebenso wie die Bauweise in die römische Kaiserzeit. Die Gebäudereste waren in NNO-SSW Richtung orientiert und nahmen eindeutig Bezug aufeinander, da sie in einer Reihengliederung hintereinander aufgebaut worden waren. Das nördliche Gebäude besaß eine Grundfläche von 32 m², war rechteckig (8 x 4 m) ausgerichtet und an der westnordwestlichen Seite mit einer kleinen Apsis versehen. In diesem Grundriss wurden auch letzte Überbleibsel  antiker Ziegelsetzungen und evtl. Reste eines Fußbodenunterbaus/Estrichs entdeckt. Das südliche Gebäude war quadratisch, 5 x 5 m groß und leider nicht komplett durchgängig erhalten. Noch weiter gen Süden ließ sich ein drittes Gebäude oder ein Raum postulieren, von dem sich jedoch nur 2 Mauerfluchten in Form von Fundamentgruben erhalten hatten. Zwischen den beiden erhaltenen Räumen/Gebäuden verlief ein Schürkanal unterhalb der Mauerstrukturen.

Es handelt sich bei dem Ensemble vermutlich um eine Therme der VR. Obwohl hier noch Zweifel aufgrund einiger baulicher Details bestehen, ist die Ansprache als solche doch zumindest sehr wahrscheinlich. Für die Befundinterpretation als Badegebäude sprechen:

  • Die Apsis (ein bauliches Element vieler Thermengebäude)
  • Der Reihenaufbau der einzelnen Grundrisse, der einem klassischen Aufbau einer römischen Badeanordnung entsprechen würde
  • Der Schürkanal zwischen den beiden Grundrissen/Räumen, der zur Beheizung der Räume gedient haben dürfte.
  • Einige Estrichfragmente mit Ziegelbruch
  • Der Steinaufbau

Am Dienstag den 14.05.2019 konnten wir zum Grabungsende die spannenden Ergebnisse der vergangenen Ausgrabungswochen der Presse und einer Reihe von Schulklassen in der ansonsten für Besucher nicht geöffneten Kiesgrube präsentieren. Hier einige Artikel zur neuen Therme von Erding:

https://www.merkur.de/lokales/erding/erding-ort28651/in-einer-kiesgrube-bei-eichenkofen-stossen-archaeologen-auf-fundamente-aus-roemerzeit-erdings-antike-therme-12285604.html

https://www.wochenanzeiger.de/article/219330.html

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/erding/ausgrabung-erding-roemische-therme-1.4446905

https://www.ed-live.de/nachrichten_details?id=102703

 

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